Wie textile Architektur Fassaden und Dächer bereichert
Zeltbau 2.0: Ein Mix aus Hightech & Tradition
Bauen mit Textilien hat Geschichte: Die Kombination aus Stoffen oder Leder mit tragenden Elementen stammt aus dem Zeltbau, der vor allem für nomadisierende Völker eine große Rolle spielte. Sie profitierten von der leichten, gleichzeitig robusten Bauweise und dem einfachen Transport der Zelte. Um das Material zu spannen, wurden früher vor allem Holz, Seile und Naturstoffe verwendet, heute handelt es sich meist um sehr leichte Stahlkonstruktionen, komplexe Zugstrukturen sowie Hightechstoffe.
Die Neuinterpretation der textilen Architektur greift die Vorteile auf und addiert modernste Ingenieurskunst mit gestalterischem Anspruch. Denn viele Bauwerke wirken durch sogenannte tensile structures futuristisch, modern und besonders kunstvoll. Während sie früher für temporäre Installationen genutzt wurden, kommen sie nun bei dauerhaften Bauwerken zum Einsatz, da sie eben nicht nur optische Hingucker sind, sondern auch als witterungsbeständig und nachhaltig gelten.
Membranfassade der Allianz Arena in München (Foto: Kostya Golinchenko auf Unsplash)
Grundlegend unterscheidet sich textile Architektur von anderen Bauarten dadurch, dass hier Zugkräfte und Spannung anstelle von Kompression zum Einsatz kommen. Es gibt drei verschiedene Typen:
- Tragwerk-gestützte Membranstrukturen: Diese auch Gewebe- und Zelttragwerke genannten Bauwerke beruhen auf Zugkräften. Es handelt sich um vorgespannte Membranen, bei denen auch im unbelasteten Zustand Zugkräfte in alle Richtungen auftreten. Ein bekanntes Beispiel ist die Allianz Arena in München, deren äußeres aus einer ETFE-Membran besteht.
- Luftgestützte Strukturen/pneumatische Tragwerke: Bei diesen Konstruktionen spielt der Luftdruck eine entscheidende Rolle. Hier wird vorgespanntes Textilgewebe vorrangig durch eine Druckdifferenz der Außen- und Innenluft gestützt. Zu den pneumatischen Tragwerken gehört unter anderem der Fuji Pavillon der Weltausstellung 1970 in Osaka.
- Seilnetz/Spannkonstruktionen: Auch wenn hier Stahlseile zum Einsatz kommen, verhalten diese sich statisch wie Gewebe. Daher werden sie oft im gleichen Atemzug genannt. Beispiele dafür sind der Millennium Dome in London oder der Olympiapark in München.
Welche Werkstoffe werden verwendet?
Bei Membranbauten und Co. steht und fällt alles mit der richtigen Platzierung der Zugkräfte sowie der materialgerechten Montage und der passenden Auswahl eines leistungsfähigen Werkstoffs. Für die textile Architektur kommen besonders häufig zum Einsatz:
- ETFE-Folien (aus Ethylen-Tetrafluorethylen): Diese werden vor allem für die Überdachung und Gebäuden verwendet, zum Beispiel bei Gewächshäusern. Sie gelten als Pendant zu Glas – je nach Beschaffenheit sind sie mit bis zu 95 % Lichtdurchlässigkeit sogar transparenter.
- mit PVC beschichtetes Polyestergewebe: Ein Multitalent! Dank seiner hohen Materialfestigkeit, Widerstandsfähigkeit sowie Lichtdurchlässigkeit kommt es häufig im Messebau und bei temporären Installationen zum Einsatz, aber auch an Fassaden oder als Dach – zum Beispiel am Gasometer in Berlin. Zudem ist es sehr kostengünstig.
- Glasfasergewebe mit PTFE-Beschichtung: Dieses Material lässt sich nicht raffen oder falten – kommt daher besonders bei dauerhaften Bauten und weniger bei temporären Installationen zum Einsatz.
- Glasfasergewebe mit Silikonbeschichtung: Flexibler und formbarer als die Variante mit PTFE-Beschichtung. Durch die Silikonbeschichtung erhält man einen guten UV-Schutz, außerdem ziehen sich kleine Risse nicht gleich durch das ganze Gewebe. Es kommt sowohl für temporäre Installationen als auch für Leichtbauten mit faltbarem Dach in Frage.
Vorteile der textilen Architektur
Gründe für den Einsatz von Hightech-Stoffen gibt es auf zwei Ebenen: Auf der einen Seite steht der gestalterische Aspekt, auf der anderen ihre funktionalen Vorteile.
Optisch punkten sie durch ihre Leichtigkeit, was zum einen an dem dünnen Material liegt, zum anderen aber auch an ihrer Transparenz. So lassen die Textilien, vor allem aber die erwähnten ETFE-Folien, viel natürliches Licht durch. Daher sind sie unter anderem bei großen Gewächshäusern, aber auch beim Bau von Schwimmbädern oder anderen Sportstätten beliebt.
Wie zahlreiche Installationen zum Beispiel auf Museumsgeländen zeigen, verhalten sich Textilien dynamisch und eignen sich hervorragend für die Umsetzung organischer oder skulpturaler Formen. Gerade bei diesen temporären Bauten wird gerne zu PVC-beschichtetem Polyestergewebe gegriffen, da sich dieses nicht nur leicht bearbeiten lässt, sondern auch kostengünstig ist. Außerdem bietet es eine spannende Projektionsfläche für Lichtinstallationen und wirkt sich zudem auf die Akustik eines Raumes aus.
Gründe für den Einsatz von Hightech-Stoffen gibt es auf zwei Ebenen: Auf der einen Seite steht der gestalterische Aspekt, auf der anderen ihre funktionalen Vorteile.
Optisch punkten sie durch ihre Leichtigkeit, was zum einen an dem dünnen Material liegt, zum anderen aber auch an ihrer Transparenz. So lassen die Textilien, vor allem aber die erwähnten ETFE-Folien, viel natürliches Licht durch. Daher sind sie unter anderem bei großen Gewächshäusern, aber auch beim Bau von Schwimmbädern oder anderen Sportstätten beliebt.
Wie zahlreiche Installationen zum Beispiel auf Museumsgeländen zeigen, verhalten sich Textilien dynamisch und eignen sich hervorragend für die Umsetzung organischer oder skulpturaler Formen. Gerade bei diesen temporären Bauten wird gerne zu PVC-beschichtetem Polyestergewebe gegriffen, da sich dieses nicht nur leicht bearbeiten lässt, sondern auch kostengünstig ist. Außerdem bietet es eine spannende Projektionsfläche für Lichtinstallationen und wirkt sich zudem auf die Akustik eines Raumes aus.
Mindestens genauso wichtig wie die Optik sind die funktionalen Vorteile:
- Membranen sind enorm widerstandsfähig. Die Kraft, die auf ihnen wirkt, wird gleichmäßig auf alle Außenseiten verteilt.
- Hightech-Stoffe sind witterungsbeständig und können, richtig verspannt, auch großen Windlasten standhalten.
- Sie sind leichter auszutauschen als fest verbautes Material.
- Ihr geringes Gewicht ist vor allem für die Überspannung großer Flächen ein klares Plus. Wenn die Überdachung oder Elemente der Fassade besonders leicht sind, hat dies außerdem eine Auswirkung auf die Wahl des tragenden Baustoffs.
Textile Architektur im Außenbereich: Helle Sonnensegel spenden Schatten und erzeugen ein interessantes Lichtspiel. (Foto: Jaanus Jagomägi auf Unsplash)
Bekannte Seilnetze und Membranbauten
Einer der bekanntesten Architekten für Seilnetze und Membranbauten ist Frei Otto. Er entwarf unter anderem den Japanischen Pavillon bei der Expo 2000 in Hannover und war an der Konzeption des Olympiageländes in München beteiligt. Das Zeltdach der Sportstätte griff die Architektur des Deutschen Pavillons bei der Weltausstellung 1967 in Montreal auf und wirkt luftig, hell und leicht.
Ein weiteres Beispiele für textile Architektur ist das Gasometer in Berlin. Eine leichte Textilmembran auf der Kuppel des etwa 80 Meter hohen, denkmalgeschützten Bauwerks macht dieses zu einer Traglufthalle.
Der Water Cube in Peking ist, wenn er bei Nacht bunt beleuchtet wird, ein atemberaubendes Spektakel: Die Fassade besteht aus einer ETFE-Folie, die nur 1 % des Gewichts einer äquivalenten Menge Glas ausmacht. Die Konstruktion kann nicht nur Solarenergie speichern, sondern sorgt auch für eine natürliche Beleuchtung des Innenbereichs – was zusätzlich Stromkosten spart.
Wohin geht der Trend?
Textile Architektur erfordert viel spezifisches Know-How und gehört daher nicht zum Standard-Portfolio eines Architekturbüros. Sie folgt jedoch einem klaren Trend der letzten und definitiv auch der nächsten Jahre: Nachhaltigkeit. Denn je nach Material lässt sich dieses teilweise oder sogar vollständig recyceln. Bei der Herstellung der Stoffe werden oftmals weniger Ressourcen benötigt als beispielsweise bei Glas oder Beton. Ihr geringes Gewicht sorgt außerdem dafür, dass die Materialauswahl sowie -menge des Gerüsts geringer ausfallen kann – somit werden auch hier Ressourcen geschont. Aktuell eingesetzte Werkstoffe erweisen sich bereits als robust, witterungsbeständig und leicht.
Übrigens: Eine ähnliche Renaissance erfährt auch Hanf. Denn die Pflanze ist vielseitig einsetzbar und im Anbau relativ anspruchslos – erfahren Sie mehr zu den Vorteilen des Materials und welche Produkte daraus entstehen können.
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