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Zitrone, Kokosnuss und Co.

Nachhaltige Baustoffe der Zukunft

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Steigende Energiepreise und Umweltschutz machen den sparsamen Energieeinsatz zum Gebot der Stunde. Auch die Baubranche denkt um und arbeitet mit Hochdruck an der Entwicklung nachhaltiger Baumaterialien. Aus Schweden kommen jetzt gute Nachrichten: Forscherinnen und Forschern ist es gelungen, aus Resten von Holz, Zitronen- und Kokosnussschalen einen rein biologischen Dämmstoff zu entwickeln, der Räume ideal klimatisiert. Was es damit auf sich hat und wie weitere Baustoffe der Zukunft aussehen könnten, erfahren Sie hier.

Zitronen hängen am Baum

„Hält das Leben nur Zitronen parat, wird – Dämmmaterial daraus.“ Zusammen mit bearbeitetem Birkenholz und Kokosnuss bildet ihre Schale einen Baustoff mit ungeahntem Potenzial. (Foto: Ryan Baker, Pexels)

Das Geheimnis hinter Zitrone & Co.

In der Abteilung Biokomposite der Königlichen Technischen Hochschule Stockholm ist man dieser Tage ganz aufgeregt. Grund ist ein rein biologischer Dämmstoff, der neue Maßstäbe in der Gebäudeisolierung setzen könnte. Doch der Reihe nach. Basis des neuartigen Baumaterials ist Birkenholz, aus dem Lignin entfernt wurde. Lignine sind Bio-Polymere, die sich in pflanzliche Zellwände einlagern und die Zelle verholzen. Ohne Lignin wird das Holz transparent wie eine Milchglasscheibe. So weit, so technisch. In die offenen Poren des von Lignin befreiten Holzes wird nun Limonenacrylat gefüllt, bestehend aus Zitronenschalen und dem Fleisch einer Kokosnuss. Was dann passiert, ist erstaunlich: Wird das Limonenacrylat erwärmt, wird es flüssig und speichert die Wärme. Fällt die Temperatur, kristallisiert das Material und gibt seine Wärme wieder ab. Ein chemischer Prozess, der nicht nur fasziniert, sondern auch Geld spart: 100 kg des Materials verringern den Verbrauch an Heiz- und Kälteenergie um schätzungsweise 2,5 kWh pro Tag.

Auf natürliche Weise dämmen

Noch steckt der Einsatz des neuartigen Dämmstoffs in der Erprobungsphase. Doch die Forscherinnen und Forscher denken bereits darüber hinaus: Für sie vorstellbar wäre es, zukünftig Innenräume damit zu dämmen – als Alternative zu Gipskartonplatten. Auch Gewächshäuser kämen in Frage. Statt Glasscheiben könnten milchige Platten verbaut werden. Aufgrund seiner Transparenz wäre der Dämmstoff in der Lage, ideale Bedingungen für Pflanzen zu schaffen. Denn trifft die Sonne auf den Baustoff, wird ein Teil der Infrarotstrahlen herausgefiltert und gespeichert, wodurch die Gewächse vor Überhitzung geschützt wären. Fällt die Temperatur in der Nacht, wird die Wärme wieder abgegeben. So könnte ein konstantes Klima geschaffen und gleichzeitig Energie gespart werden.

Letztlich könnten sogar Außenfassaden mit dem neuen Material gedämmt werden – vorausgesetzt, der Baustoff findet seinen Weg aus dem Labor in die Serienproduktion. Dafür bedarf es jedoch aktuell noch weiterer Forschungsarbeit.

Innenansicht eines Gewächshauses

Sieht so das Gewächshaus der Zukunft aus? Weil er Wärme regulieren kann, eignet sich der Baustoff aus Zitrone, Kokosnuss und Holz nämlich auch dafür, Pflanzen ein ideales Klima zu geben. (Foto: Philipp Deus, Unsplash)

Baumaterialien mit Potenzial

In den Forschungslaboren der Welt wird getüftelt. Auch an anderen Baustoffen der Zukunft. Möglichst materialsparend, langlebig und umweltverträglich sollen sie sein. In die Liste der Dämmstoffe reihen sich auch Pilze ein. Oder besser gesagt, ihr Wurzelwerk – genannt Myzel. Geforscht wird an einem Verfahren, den unterirdisch wachsenden Teil als organischen Baustoff weiterzuverarbeiten. Beigemischt mit Getreideresten, Holzspänen und anderen Reststoffen bildet sich ein weiches Komposit. Getrocknet und zerkleinert lässt sich dieses in jede beliebige Form pressen, um zum Beispiel als nachhaltige Alternative Styropor zu ersetzen.

Bleiben wir beim Dämmen. Dort macht eine Nutzpflanze auf sich aufmerksam, die sich sonst in Genussmitteln oder auch Möbeln mit nachhaltigem Design wiederfindet: Hanf. Seine holzigen Reste und Fasern landeten bis vor kurzem noch häufig im Müll. Doch ein deutsches Unternehmen nutzt die „Abfälle“, um unter der Beimischung von Kalk daraus nachhaltigere Dachziegel zu produzieren. Mit überraschendem Potenzial: Ihre günstigen thermischen Eigenschaften machen eine Dämmung überflüssig, nehmen Nässe auf und schlucken sogar Schall. Und noch ein Punkt spricht für Hanf als gefragten Rohstoff: Er wächst rund 50-mal schneller als Holz.

Um energiesparend zu bauen, werden seit einigen Jahren auch neue Wege gegangen. Etwa in der Stahlverarbeitung. Wird ein altes Gebäude abgerissen, nutzen Rückbaufirmen Magnete, um den Stahl aus der Trümmermasse zu lösen. Laut dem Spitzenverband bauforumstahl e. V. können dabei etwa 11 Prozent recycelt und direkt wieder verbaut werden. Der Rest wird eingeschmolzen und zu neuem Stahl verarbeitet, der sogar eine noch höhere Festigkeit aufweisen kann.

Die Baubranche denkt um – muss sie auch

Mit fast 40 Prozent der weltweiten Treibhausgase ist die Baubranche ein echtes Schwergewicht unter den Emissionstreibern. Alternativen, um Häuser energiesparend zu bauen oder zu dämmen, finden sich in der Natur oder in Abfallprodukten, die kurzerhand recycelt werden. Das kommt der Umwelt zugute und weckt den Ehrgeiz von Forscherinnen und Forschern weltweit, an immer neueren Baumaterialien zu arbeiten: von Zitronen über Pilze bis hin zu Hanf und Seegras, aber auch im Bereich der Einrichtung wie etwa Möbel aus Algen . Und die Liste wird länger und länger.

Immer länger wird übrigens auch die Liste der Aussteller-Anmeldungen zur imm cologne 2024. Vom 14. bis 18. Januar 2024 erwarten Sie spannende Neuheiten aus der Interior-Branche. Melden Sie sich jetzt als Aussteller an.