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Interview Tomás Alonso zum Pure Talents Contest 2024

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Tomás Alonsos Studio arbeitet in den Bereichen Möbel-, Produkt-, Beleuchtungs-, Innenraum- und Ausstellungsdesign. Für wie mutig er die kommende Designergeneration hält, erläutert er in einem Interview.

Tomás Alonso, Foto: Guido Schiefer

Tomás, du warst Teil der internationalen Jury, die über 1.000 Einreichungen zum Pure Talents Contest begutachtet hat. Mit welchen Themen beschäftigen junge Designer sich derzeit?

Zunächst war ich von der schieren Menge an Teilnehmern beeindruckt! Das war ein bisschen überwältigend, aber auch sehr spannend! Besonders schön war es zu sehen, dass bei den allermeisten Entwürfen – und zwar nicht nur in der entsprechenden Kategorie – die Nachhaltigkeitsaspekte sehr hoch priorisiert wurden. Das ist eine gute Entwicklung. Ich persönlich finde, dass heute sämtliche Projekte nach Nachhaltigkeitskriterien entwickelt werden müssten, ohne dass man das extra hervorheben muss.

Und welche Ansätze wurden dabei bevorzugt?

Im Design und speziell von jungen Designern wird zurzeit sehr viel mit neuen Materialien gearbeitet und experimentiert. Das spiegelte der Wettbewerb sehr stark wider mit vielen Beiträgen, die nach neuen Materialien suchten – und einige mit Erfolg.

Wie mutig ist die kommende Designergeneration?

Es gibt immer noch viele experimentelle Arbeiten, die eher etwas Neues ausprobieren wollen als konventionelle Typologien zu bedienen. Andererseits fordert der Markt derzeit fast ausschließlich pragmatische Lösungen, und sowohl bei meiner Lehrtätigkeit als auch bei den Wettbewerbsbeiträgen beobachte ich, dass viele junge Designer das ebenfalls sehr pragmatisch sehen und mehr nach realistischen Lösungen für vermarktbare Produkte suchen als sich auf Abenteuer einzulassen.

Und was gab es beim aktuellen Pure Talents Contest an experimentellen Arbeiten, etwa zum Nachhaltigkeitsthema?

In der Kategorie Spaces fiel unter anderem ein Beitrag auf, der Möglichkeiten zur Reduzierung von architektonischem Müll untersuchte – ein interessanter Ansatz zur Kreislaufwirtschaft. Aber auch andere aktuelle Problemfelder wurden adressiert. Junge Designer sind sich ihrer Umwelt, sind sich der Realität und wie sie sich verändert, sehr bewusst, und auch ihrer Aufgabe darin – das ist gut zu sehen. Die Welt verändert sich ständig. Man muss das gar nicht immer negativ bewerten, aber man muss damit umgehen. Als Designer müssen wir uns der Veränderungen bewusst sein und sie womöglich sogar voraussehen, um Lösungen für diese neuen Realitäten zu entwickeln. Projekte wie der Pure Talents Contest, die nicht unbedingt zur Entwicklung eines zweckgebundenen Produkts führen müssen, bieten den Freiraum und die Gelegenheit, sich mit solchen Aufgaben zu beschäftigen. Und das wird gerne angenommen.

Welche Erfahrungen hast du selbst mit dem Nachwuchswettbewerb der imm cologne gemacht, der 2009 ja noch D3 Design Talents hieß?

Ich habe sehr gute Erinnerungen an Köln. Beruflich war es der Startpunkt für meine Karriere. Bereits 2008 habe ich hier an einer Gruppenausstellung teilgenommen, und danach 2009 die Teilnahme an dem D3 Contest mit dem ganzen medialen Interesse, unter anderem auch für die Serie Mr. Light, mit der ich anschließend in die Galerien kam. Für viele junge Designer war es schon damals eine gute Plattform – wie etwa für Mathias Hahn oder Shay und Yael, die Raw Edges gegründet haben –, die uns große Aufmerksamkeit gebracht hat und uns gerade am Anfang unserer Karriere geholfen hat. Die Teilnahme am Contest ist eine Gelegenheit, seine Arbeit aus anderen Perspektiven zu betrachten, in Kontakt mit der Industrie zu kommen und sogar Freundschaften zu schließen.

Welche allgemeinen Entwicklungen siehst du im Interior Design und in der Art, wie wir wohnen?

Positiv ist, dass es weiterhin ein großes Interesse an ehrlichen Materialien gibt – Materialien, die nicht vorgeben, etwas anderes zu sein als das, was sie sind –, und dass Naturmaterialien dabei einen großen Teil ausmachen. Problematisch finde ich hingegen die Entwicklung, dass viele Produkte, Räume und Marken-Images heute in erster Linie gemacht werden, um ein gutes Foto zu bekommen, das sich über die Sozialen Medien und digitalen Plattformen erfolgreich kommunizieren lässt. Das setzt sich zunehmend durch, weil die Abhängigkeit von dem einen Bild einfach zu groß ist. Als Designer fühlt man sich da schnell unwohl, weil wir doch Produkte für Menschen machen wollen, die gute Nutzungseigenschaften bieten. Und nicht Dinge, die nur gut aussehen.

Hat das Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir uns einrichten, wie wir reisen oder einkaufen?

Das ist nun mal die Richtung, in die sich alles entwickelt. Die meisten Menschen werden die vom Bild versprochene Erfahrung sowieso niemals machen können, weil sie geografisch oder finanziell nicht innerhalb ihrer Reichweite liegt. Daher kann das Bild auch nicht verifiziert werden und bleibt abstrakt, idealisiert. Das ist wohl typisch für unsere neue Realität: dass wir viele Erfahrungen nur noch digital machen. Aber auch das hat hoffentlich positive Aspekte, die es zu entdecken gilt.