Influencer-Marketing vom Profi erklärt
Die Welt der Influencer: das „Empfehlungsmarketing 2.0“
„Im Grunde findest du Influencer überall. Du kannst ein Influencer sein, so wie ich auch eine Influencerin bin“, macht Krautgasser direkt zu Beginn des Interviews klar. „Der große Vorteil, den professionelle Influencer und Influencerinnen haben, ist die größere Reichweite außerhalb des eigenen Freundes- und Familienkreises.“
Doch worin genau unterscheiden sich Influencer und Influencerinnen von typischen Werbegesichtern? Was macht sie so wertvoll und besonders für Unternehmen? Krautgasser erklärt: „Influencer und Influencerinnen haben zu ihrer Followerschaft eine Art parasoziale Beziehung. Das bedeutet: Dadurch, dass die Influencer und Influencerinnen sehr viel aus ihrem privaten Leben preisgeben und ihre Community in ihr Privatleben mitnehmen, halte ich als Follower sie für gute Freunde und Freundinnen. Wenn diese mir jetzt ein Produkt vorstellen oder zu irgendeinem Thema sprechen, dann höre ich dieser Person auch zu. Einer Musikerin oder einem Schauspieler zum Beispiel fehlt im Gegensatz dazu diese parasoziale Beziehung. Die sind einfach viel zu weit weg und nicht greifbar. Bei Influencern und Influencerinnen hast du einfach diesen persönlichen Bezug.“ Krautgasser fasst passend zusammen: „Influencer Marketing ist Empfehlungsmarketing 2.0 mit drei wesentlichen Vorteilen: hochqualitativen Content, Vertrauen der Community und einen direkten und persönlichen Kommunikationsweg.“
Mit 15 Jahren Erfahrung in ganz unterschiedlichen Funktionen und Branchen ist Katrin Krautgasser von Plan.Net NEO eine absolute Expertin auf ihrem Gebiet. (Fotos: links: Katrin Krautgasser; rechts: Jon Tyson, Unsplash)
Der passende Influencer für Ihr Unternehmen
„Die besten Influencer und Influencerinnen sind eigentlich diejenigen, die die Marke bereits kennen, die Marke bereits nutzen und vielleicht auch schon ohne Werbekooperation in ihrem Content zeigen“, erklärt Krautgasser. Doch das ist lediglich der Idealzustand, der nur selten vorkommt. „Deshalb ist es besonders wichtig für Marken, dass sie definieren: Was sind unsere Werte? Was sind unsere USPs? Was ist unsere Zielgruppe? Und anhand dieser Kriterien dann in die Influencer-Recherche gehen.“ Wie schon Miriam Schmalem im Interview zum Thema Service Desig n macht auch Krautgasser klar, wie wichtig die genaue Definition der eigenen Marke ist. Doch was dann? Wie sucht und finden Unternehmen die richtigen Influencer und Influencerinnen fürs eigene Business? Krautgasser empfiehlt: „Es ist wichtig, verschiedene Kanäle zu nutzen. Direkt auf Instagram gehen, dort auch mal verschiedenste Hashtags durchsuchen kann hilfreich sein aber auch Tools, mit denen herausgefunden werden kann, welche Influencer und Influencerinnen schonmal das eigene Produkt genannt oder getaggt haben. Besonders wichtig ist bei der Auswahl dann auch, dass der Brand Fit ideal passt. Wichtiger als darauf zu schauen, dass die Reichweite sehr groß ist. Heißt: große Reichweite bedeutet nicht immer, dass es der oder die beste Influencer oder Influencerin für mein Produkt ist.“
„Deshalb ist es bei uns auch so, dass wir einen Deep Dive machen und uns den Content der letzten 6 Monate anschauen. Wir gucken uns an: Wie ist die Brand Safety bei diesen Influencern und Influencerinnen? Passen sie von ihren Werten, von ihrem generellen Lifestyle zu der Marke? Sprechen sie die Zielgruppe an, die die Marke selbst auch anspricht? Das sind alles Dinge, die bei der Auswahl berücksichtigt werden müssen. Mehr als die reine Followerzahl“, erklärt Krautgasser das Vorgehen Ihrer Agentur.
Nehmen Sie Haltung an!
„Es lohnt sich für alle Branchen, auch für kleinere Unternehmen ist es relevant. Für den Möbelhandel um die Ecke lohnt es sich etwa sich regionale Influencer und Influencerinnen zu suchen.“ Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. Instagram auf, passende Influencer und Influencerinnen suchen und fertig – das ist nur die halbe Miete. Laut Krautgasser wird die Haltung des Unternehmens von immer größerer Bedeutung: „Influencer und Influencerinnen wählen mittlerweile ganz genau aus, mit wem sie zusammenarbeiten. Sie legen ihr Augenmerk sehr stark darauf, dass die Marke, mit der sie zusammenarbeiten, wirklich den Werten entspricht, die sie selbst auch vertreten. Wir erkennen in dem Bereich ein großes Umdenken in puncto Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit. Denn klar ist: Unternehmen, die diese Themen außer Acht lassen, laufen Gefahr, sich besonders im Influencer-Marketing viel Kritik einzuholen. Aktuell gutes Beispiel dafür ist die Kooperation zwischen Shirin David und McDonalds. Obwohl ihre Community auf den ersten Blick nicht super nachhaltig wirkt, sehen wir in den Kommentaren, dass Shirins Community auf Grund von Nachhaltigkeits- und Umweltthemen von der Zusammenarbeit gar nicht überzeugt ist.“
Krautgasser macht deutlich: „Es ist ganz wichtig zu verstehen, dass Influencer und Influencerinnen immer mehr bewusst auswählen, mit wem sie zusammenarbeiten. Da geht es um Themen wie Nachhaltigkeit, Diversität, Umwelt, Tierschutz, Menschenrechte und so weiter. Alle diese gesellschaftlich und politisch wichtigen Themen mit denen befassen sich auch Influencer und Influencerinnen. Also auch Influencer und Influencerinnen und deren Followerschaft, wo man es vielleicht auf den ersten Blick gar nicht so erwarten würde. Die junge Generation ist sehr bewusst. Sie leben sehr bewusst und denken ganz genau nach, was sie konsumieren, wo sie hingehen, wo sie ihr essen bekommen, wo sie ihre Möbel kaufen.“
Ein großer Vorteil von Influencer und Influencerinnen: Sie produzieren ihren eigenen, uniquen Content, mit dem sie ihre eigene Zielgruppe überall erreichen. (Foto: Brooke Lark, Unsplash)
Virtuelle Influencer – die Zukunft?
Doch auch digitale Bereiche wie das Influencer-Marketing sind nicht von einem digitalen Wandel ausgeschlossen. Virtuelle Influencer ist das Buzzword der Stunde im Empfehlungsmarketing 2.0. Was das bedeutet, erklärt Krautgasser so: „Virtuelle Influencer sind im Grunde digitale Avatare, die ihre eigenen Social Media Profile haben. Sie haben ein virtuelles Aussehen, sind rein virtuelle Persönlichkeiten, aber haben auch ihren eigenen Charakter und teilen ganz genau wie typische Influencer und Influencerinnen ihr Leben mit ihrer Community und geben Einblick, soweit es geht.“ Eine dieser virtuellen Influencerin ist Noonoouri. In fünf Jahre langer Arbeit hat ein Grafikdesigner aus München den Charakter erschaffen und ihr eine Persönlichkeit gegeben mit eigenen Werten und Haltungen. Mittlerweile arbeitet Noonoouri als virtuelle Influencerin für Marken wie Dior, Versace aber auch zum Beispiel Zalando.
„Die Vorteile von virtuellen Influencer und Influencerinnen sind, dass sie sehr kontrollierbar sind, zu hundert Prozent brandsafe sind und sie die CI der Marke identisch umsetzen. Menschliche Probleme wie Krankheit, Unzuverlässigkeit und Fehler gibt es nicht. Skandale gibt es auch nicht. Das ist komplett ausgelöscht und es ist sehr gut planbar. Doch es gibt auch einige Nachteile. Dadurch, dass sie gestaged sind, wirken sie etwas weniger glaubwürdig und weniger authentisch. Es gibt natürlich virtuelle Influencer und Influencerinnen, die wirklich schon aussehen wie ein Mensch. Mit denen können wir uns auch auf gewisse Art und Weise schon identifizieren. Dabei ist aber das Problem, dass sie oft falsche Schönheitsbilder reproduzieren. Die virtuellen Influencer und Influencerinnen zeigen die Fantasie bzw. Idealvorstellung eines Menschen, das ist nicht sehr real und daher auch nicht sehr glaubwürdig oder authentisch. Die alleinige Zukunft ist es also nicht. In Hinblick auf das Metaverse werden auch virtuelle Influencer und Influencerinnen immer wichtiger. Trotzdem bin ich mir sicher, dass typische Influencer und Influencerinnen ihren Wert nicht verlieren werden. Die Vorteile, dass sie selbst hochwertigen Content produzieren können, sehr authentisch sind und sehr nah an ihrer Zielgruppe sind, überwiegen aktuell einfach ganz klar.“
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