Ein zweites Leben für ein Sofa
1. Lieber Herr Lübke, was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie?
Nachhaltigkeit geht für mich über den Umweltschutz hinaus und erweitert diesen um die Bereiche Ökonomie und Soziales. Letztlich geht es um den möglichst sparsamen Umgang mit Rohstoffen und Energie zur Erhaltung unserer Lebensgrundlage und um die allgemeine Regenerationsfähigkeit.
2. COR ist heute ein Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit in der deutschen Polstermöbelbranche. Welche Veränderungen waren in den letzten Jahren nötig, um diese Entwicklung voranzutreiben?
Einige. Aber in erster Linie ist Nachhaltigkeit eine Sache der Einstellung, der Werte, also auch der Unternehmenswerte. Diese leben wir seit der Gründung 1954. Die ersten tiefgreifenden Veränderungen haben wir im Vorfeld des EU-Öko-Audits in den 1990er gemacht. Seit 2008 beispielsweise bewerten wir unsere Lieferanten nach unserem Lieferantenbewertungssystem, das auch nachhaltigkeitsrelevante Kriterien beinhaltet. Ein weiterer wichtiger Schritt war die Zertifizierung unserer Polstermöbel nach dem „Blauer Engel“ Umweltzertifikat (seit 2017) sowie das Greenguard Gold Zertifikat. 2020 haben wir die erste Standortbilanz gemacht – seitdem ist unser Standort klimaneutralisiert durch Ausgleich. So sind es viele einzelne Projekte der letzten Jahre, die unsere Entwicklung immer weiter vorantreiben.
Indem für die Aufarbeitung der zurückgegebenen Möbel Reststoffe verwendet und Leertransporte vermieden werden, verbessert sich die CO2-Bilanz zusätzlich. Copyright: COR
3. Ein Großteil der schädlichen Umweltauswirkungen entsteht bei der Rohstoffgewinnung und der Vorproduktion von Möbeln. Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um ökologischer zu arbeiten?
Bereits in der Entwicklungsphase unserer Produkte achten wir auf eine möglichst ökologische Gestaltung. Ein wichtiger Aspekt ist der Einsatz qualitativ hochwertiger Materialien, die langlebige Produkte schaffen. So werden die benötigten Ressourcen seltener beansprucht. Wir fertigen unsere Möbel nach individuellen Kundenaufträgen, das heißt, es gibt keine Lagerware und unnötig produzierte Möbel. Auch achten wir auf die Minimierung von Abfallprodukten oder ihre Wiederverwendung. So wird beispielsweise der Stoff- und Lederverschnitt an weiterverarbeitende Betriebe verkauft. Daraus entstehen Recyclingprodukte und Leder-Accessoires
4. Fast Furniture und maßloser Möbelkonsum haben schwerwiegende Folgen für die Umwelt. Mit CORever haben Sie einen Service ins Leben gerufen, der ein deutliches Zeichen gegen diese Negativentwicklung setzt. Wie würden Sie CORever jemandem kurz und knapp beschreiben, der noch nie davon gehört hat?
CORever ist ein Rücknahme-Programm für ausrangierte COR Möbel aus dem Wohn- und Objekthandel. Möbel, die ausgedient haben, nehmen wir über unsere Handelspartner zurück, reparieren und reinigen sie und verkaufen sie erneut. So übernehmen wir als Unternehmen Verantwortung für die von uns produzierten Möbel auch noch nach deren erstem Lebenszyklus. Wir tragen aktiv zur Reduzierung des Möbelabfalls bei und fördern gleichzeitig die Kreislaufwirtschaft. Der bewusste Umgang mit vorhandenen Ressourcen schafft zudem eine nachhaltige Lebens- und Wohnweise und bietet einer neuen Zielgruppe den Zugang zu erschwinglichen Qualitätsmöbeln made in Germany.
Nach Rückgabe der Einzelstücke prüft das CORever-Team sorgfältig, was repariert, ausgetauscht oder instandgesetzt werden muss, bevor die recycelten Möbel wiederverkauft werden. Copyright: COR
5. Welche Services kann ein Kunde im Rahmen von CORever in Anspruch nehmen?
Wir holen das Möbel kostenlos beim Kunden ab. Sollte das Möbel nicht mehr reparierfähig und nutzbar sein, wird es von uns sortenrein getrennt und entsorgt. Auch dafür entstehen dem Kunden keine Kosten.
6. Sie nehmen alle Möbel von COR zur Aufbereitung und Reparatur zurück. Mit Ausnahme von Möbeln aus Raucherhaushalten. Warum?
Weil der Geruch in Möbeln aus Raucherhaushalten trotz intensivster Reinigung und Aufarbeitung in den Möbeln haften bleibt. Er steckt im Schaumstoff fest, ebenso wie im Holzrahmen.
7. Wie haben Ihre Kunden auf CORever reagiert?
Sehr positiv, wir konnten gleich beim ersten Verkauf im Juni einige CORever Produkte verkaufen.
8. Wie vielen Möbeln haben Sie seit Beginn des Projekts bereits ein zweites Leben geschenkt?
Bis lang haben wir ungefähr 60 Kundenaufträge für die Rücknahmen von COR-Möbeln erhalten. Etwa ein Drittel davon ist bereits verkauft, der Rest wird noch aufgearbeitet und wird erst mit den nächsten Sonderverkäufen zum Verkauf stehen.
Leo Lübke ist Geschäftsführer von COR. Copyright: COR
9. Eine persönliche Einschätzung zum Schluss: In der Büromöbelbranche ist das Aufbereiten von durchgesessenen Drehstühlen oder der Austausch von verschlissenen Teilen bei vielen Herstellern ein gängiges Angebot. CORever wirkt hingegen wie ein Leuchtturmprojekt. Warum bieten so einen Rücknahmeservice nicht mehr Möbelhersteller an?
Zum einen glaube ich, dass Rücknahmekonzepte für hochwertige Markenmöbelhersteller leichter umsetzbar sind, weil sie nicht anonym sind und durchaus eine längere Haltbarkeit gewährleisten. Somit ist eine Aufarbeitung auch noch nach Jahren möglich. Zum anderen passiert vielleicht schon mehr als wir denken, und viele sind in der Erprobungsphase. Daher kommuniziert es nicht jedes Unternehmen. Ein Austausch untereinander ist wichtig. In dem Sinne hätten wir nichts dagegen, wenn CORever als Blaupause für andere dient.