Weshalb adaptive Konzepte immer wichtiger werden
Auf vielen Baustellen wird das Holz knapp – und auch Stahl und Kunststoffe werden zunehmend zur Mangelware. Neben den Lieferengpässen haben Architekten, Hersteller und Designer auch mit erheblichen Preissteigerungen begehrter Materialien zu kämpfen. Die Ursachen für die Rohstoffknappheit sind vielfältig: von zu geringen Produktionskapazitäten über Transportprobleme bis hin zu Produktionsausfällen bei Zulieferern. Eine globale Entwicklung, die durch die Pandemie noch verstärkt wurde. Werfen Sie mit uns einen Blick auf die Möglichkeiten, die sich in diesem Spannungsfeld bieten.
Ein teures und immer selteneres Gut: Neben Holz werden auch Rohstoffe wie Stahl, Öl und Aluminium knapp. Eine Entwicklung, die die Einrichtungsbranche vor Herausforderungen stellt. (Foto: Vitor Heinrich auf Pexels)
Ressourcenmangel – und welche Branchen am stärksten betroffen sind
Das Trendbarometer macht deutlich: Die Rohstoffknappheit wird auch zukünftig steigen, da die Gründe für den Mangel des Angebots an Rohstoffen bestehen bleiben. Diese sind hauptsächlich im Bevölkerungswachstum sowie in der Konsumfreude von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu finden. Immer mehr Menschen konsumieren immer mehr und werfen immer schneller Produkte weg. Dabei werden so viele Ressourcen verbraucht, dass man drei Erden benötigen würde, wenn der weltweite Lebensstil dem der Deutschen gleichkäme. Doch nicht nur die Deutschen allein tragen die Schuld am Ressourcenmangel, es sind alle Industrienationen gemeinsam, die die Verknappung der Rohstoffe vorantreiben.
Von den Entwicklungen mit am stärksten betroffen ist laut ifo Konjunkturumfrage aus dem Jahr 2021 – nach der Kraftwagenherstellung und dem Maschinenbau-Gewerbe – die Möbelindustrie. Bisherige Bemühungen betroffener Unternehmen auf die Rohstoffkrise zu reagieren, erscheinen dabei oft zu kurzfristig gedacht und nicht wegweisend zu sein. So gaben in einer Blitzumfrage der DIHK 67 % der befragten Betriebe an, Preiserhöhungen an Kunden weiterzugeben. 64 % suchen nach neuen Lieferanten und 57 % erhöhen ihre Lagerhaltung. Ansätze, die für den Moment hilfreich erscheinen, langfristig aber in eine Sackgasse führen. Doch Architekten, Designer und Hersteller haben auch kreative und vielversprechende Lösungen in petto.
Stylishe Architekturperlen beweisen Gespür für den Zeitgeist
Da insbesondere bei Neubauten große Mengen an Baumaterialien benötigt werden, die in der Anschaffung immer teurer und schwerer zu beziehen sind, setzen Architekten verstärkt auf das Prinzip der Adaptivität. Beim adaptive Re-use zum Beispiel werden bestehende Gebäude und architektonische Strukturen den neuen Bedürfnissen und Nutzungswünschen entsprechend angepasst – worüber sich nicht nur Bauherren freuen, sondern auch die Umwelt. Schließlich gilt diese ressourcenschonende Bauweise als besonders nachhaltig.
Im Bereich Hoteldesign findet die adaptive Wiederverwendung in vielen weltweiten Metropolen bereits großen Zuspruch: Kreative Architekten hauchen hier der Geschichte des Gebäudes gekonnt neues Leben ein und bieten designaffinen Gästen so ein einzigartiges Hotelerlebnis. So wurde in Tel Aviv ein altes Bürogebäude aus den 1950er-Jahren in ein schickes Designhotel verwandelt, wobei die Fassade renoviert und die Innenräume bewusst minimalistisch gehalten wurden. In Amsterdam können Gäste in 28 stylishen Brückenwärterhäusern nächtigen – die individuellen Suiten des SWEETS Hotels sind im gesamten Stadtgebiet verteilt und bieten allesamt einen fantastischen Blick auf die Grachten. Im New Yorker Hudson Valley wurden vier historische Bauwerke zum eleganten Hotel Kinsley im Vintage Design umgestaltet, wobei Originalstrukturen erhalten blieben und nun in neuem Glanz erstrahlen. Klar, dass so viel Liebe zum Detail, zur Architektur und Umwelt bei Hotelgästen heiß begehrt ist.
Nachhaltig & multifunktional: Das Berliner Label Kiezbett produziert lokal und liefert in wiederverwendbaren Taschen, die nach der Lieferung wieder mitgenommen werden. (Foto: Kiezbett)
Zukunftsfähige Lösungen der Interior-Branche
Auch Designer und Hersteller reagieren mit viel Kreativität und adaptiven Designs auf die Rohstoffknappheit und denken schon in der Konzeptphase den gesamten Lebenszyklus eines Möbelstücks mit. Die Formel des Prinzips Cradle-to-Cradle lautet: Die Langlebigkeit des Produkts vereint sich mit der Recycling-Fähigkeit nach dem Gebrauch. Der Zero Waste Trend geht sogar so weit, nur noch natürliche Rohstoffe zu verwenden, die später mühelos in den Recycling-Kreislauf zurückgeführt werden können und die Umwelt schonen. Ein schönes Beispiel dafür produziert das Berliner Label Kiezbett: Diese Zero Waste Massivholzbetten werden aus dem Holz lokaler Wälder hergestellt, in regionalen Förderwerkstätten von Hand gefertigt und in wiederverwendbaren Verpackungen per Lastenfahrrad geliefert. Das Berliner Unternehmen zeigt damit eindrucksvoll, wie eine nachhaltige Zukunft der Interior Branche aussehen kann und muss.
Einrichtungsgegenstände, die mehrere Funktionen erfüllen, finden nicht nur bei Kundinnen und Kunden mit geringem Wohnraum großen Anklang, auch Hersteller profitieren von der Multifunktionalität. Durch das Zusammenführen mehrerer Funktionen in nur einem Möbelstück oder Ageless Living Konzepte werden langfristig Materialien eingespart und die Abhängigkeit von Rohstoffen gesenkt. Hier ist von Transforming Furniture die Rede, die in ihrer Multifunktionalität gerade dann großen Anklang finden, wenn smarte Lösungen für kleine Räume gefragt sind. In Zeiten, in denen zunehmend mehr Menschen platzsparende Home-Office-Konzepte in den Wohnraum integrieren müssen, haben multifunktionale Interior Designs Hochkonjunktur. Auf eine gute Möglichkeit der Kundenbindung setzen Hersteller, die ihren Kundinnen und Kunden anbieten, gebrauchte Möbelstücke gegen Gutschrift zurückzukaufen . Wer diesen Re-Use Ansatz verfolgt kann bereits benutzte Materialien bei der Herstellung von Upcycling Möbeln wiederwenden.
Denn die Rohstoffknappheit bleibt bestehen
Die Prognosen bezüglich der Rohstoffversorgung bleiben düster: Laut OECD-Studie aus dem Jahr 2018 wird sich der weltweite Verbrauch von Rohstoffen aufgrund von expandierender Weltwirtschaft, Bevölkerungswachstum und steigender Lebensstandards bis zum Jahr 2060 sogar noch verdoppeln. Demnach wächst der Druck auf die Interior- und Bau-Branche, Produktionen umzustellen und mit nachhaltigen Konzepten auf die Entwicklungen zu reagieren. Je unabhängiger sich Unternehmen von Rohstoffen machen, je mehr sie den ökologischen Fußabdruck ihrer Produkte reduzieren und dem Klimawandel entgegenwirken, desto erfolgreicher können sie sich mit ihrem Unternehmen am Markt behaupten und dem Rohstoffmangel begegnen.
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