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Großstadtdschungel

Vertikaler Garten: Natur und Architektur im Einklang

Grüne Wände haben sich in den vergangenen Jahren zu einem neuen Trend in dicht bebauten Umgebungen entwickelt. Die Einbindung lebendiger Natur in Großstädten sieht nicht nur einladend aus, sondern hat auch eine Reihe anderer Vorteile und Funktionen.

Shopping-Center Jupiter in Paris mit einem vertikalen Garten.

Ob an Privathäusern oder öffentlichen Gebäuden: Patrick Blanc schafft mit seinen vertikalen Gärten weltweit urbane Ökosysteme in Großstädten. (Foto: Patrick Blanc)

Grüne Fassaden statt grauen Betons

Ein Blick in die Einrichtungstrends der vergangenen Jahre zeigt, wie stark die Sehnsucht nach mehr Grün ist. Von grüner Einrichtung in Form und Farbe über Pflanzen, die das Zuhause in einen Urban Jungle verwandeln bis hin zum Biophilic Design – die Sehnsucht nach der Natur ist ungebrochen.

Auch außerhalb der eigenen vier Wände ist der Wunsch nach mehr Grün groß. Kleingartenanlagen erfreuen sich so großer Beliebtheit wie seit Jahren nicht mehr. Die Pandemie hat die Nachfrage nur noch weiter befeuert. Eine Nachfrage, die jedoch nicht bedient werden kann. Gab es im Jahr 2005 noch mehr als eine Millionen Kleingärten, sind es aktuell nur noch knapp 890.000. Grund dafür ist der hohe Bedarf an Bauflächen. Besonders in den vergangenen 30 Jahren sind unsere Städte enorm gewachsen. Immer häufiger müssen großzügige Grünflächen dem Dschungel aus Asphalt und Beton Platz machen. Doch nicht nur das persönliche Bedürfnis nach Naturverbundenheit verlangt nach mehr Pflanzen, auch der Klimawandel sorgt dafür, dass vor allem in Großstädten ein Umdenken stattfinden und mehr Grünfläche Einzug halten müssen. Wie holt man die Natur also wieder in die Stadt?

Möglichkeiten vertikaler Fassadenbegrünung

Um der Abnahme von Grünflächen entgegenzuwirken, bieten sich verschiedene Möglichkeiten der Bepflanzung: Bodenflächen, Dächer oder eben Fassaden. Dort wo kaum noch freie Bodenflächen verfügbar sind oder Dachbegrünung nicht möglich ist, ist vertikale Fassadenbegrünung die ideale Möglichkeit, ein urbanes Ökosystem zu schaffen. Botaniker Patrick Blanc gilt als Erfinder der vertikalen Gärten. Heute schmückt er mit seinen „Murs Végétaux“ (Lebende Mauern) Gebäude auf der ganzen Welt – von Museen über Kaufhäuser bis hin zu Wolkenkratzern. Dabei ist die Idee des Parisers so genial, dass sie einen komplett neuen Markt eröffnete, der stetig wächst und sich weiterentwickelt. Mittlerweile lassen sich vertikale Gärten auf unterschiedlichste Weise realisieren.

Zu den beliebtesten Formen gehört die Begrünung mit Pflanzen, die im Boden wurzeln und entlang der Fassade hochklettern. Solch eine lebende Wand lässt sich auch an Bestandsimmobilien realisieren. Bei anderen Arten vertikaler Gärten werden Gewächse direkt an die Fassade gepflanzt. Dafür werden eine Fleecedecke oder Stahlgitter an der Hauswand befestigt und ein zusätzliches Bewässerungssystem installiert. Wichtig ist, sich bereits bei der Gebäudeplanung Gedanken über die Art der Bepflanzung zu machen.

Das Hochhaus „Bosco Verticale”, der vertikale Wald, in Mailand.

Bosco Verticale, der vertikale Wald, zählt zu den innovativsten Hochhäusern der Welt. Insgesamt schmücken über 900 Bäume und 20.000 Pflanzen die Fassade. (Foto: Studio Boeri)

Vertikale Gärten als Ökosystem der Stadt

Nach wie vor verzichten viele Architekten und Architektinnen auf die Einplanung vertikaler Gärten. Neben zusätzlichen Kosten für Landschaftsplaner liegt das vor allem an dem Mehraufwand an Arbeit. Wird ein vertikaler Garten von Anfang an mit in das Bauvorhaben einbezogen, müssen Gebäudehülle und Bausubstanz spezielle Voraussetzungen erfüllen, die die Planung deutlich aufwändiger machen. Doch Projekte wie das Mailänder Hochhaus „Bosco Verticale“ und das „Tree House“ in Singapur machen deutlich, dass sich der Aufwand lohnt:

  • Regenwassernutzung und Regenwasserrückhalt

Durch die vielen versiegelten Flächen, begradigte Flüsse und Starkregenfälle ist das Risiko für Hochwasser deutlich höher als noch vor ein paar Jahren. Mehr Grünflächen könnten das Wasser speichern und über die Pflanzen wieder abgeben. Überschüssiges Regenwasser kann in Auffangbecken gesammelt und für die Bewässerung der vertikalen Gärten genutzt werden.

  • Kühlung und Isolation

Eine Studie der Universität von Plymouth hat in einem direkten Vergleich zwischen einer bepflanzten Außenwand und einer Fassade aus Stein herausgefunden, dass sich Pflanzen ideal als Isolierung eignen. Die begrünte Wand ließ knapp 34% weniger Wärme durch die Fassade nach außen dringen und sorgte außerdem dafür, dass die Temperatur im Innenraum deutlich weniger auf die Schwankungen der Außentemperatur reagierte. Durch die natürliche Isolierung lassen sich Heizkosten und damit verbunden auch Treibhausgasemissionen deutlich senken.

  • Sauerstofflieferant und Schadstofffilter

Pflanzen nehmen Kohlendioxid auf und wandeln es in Sauerstoff um. Außerdem filtern sie Giftstoffe aus der Luft und binden Feinstaub, was vor allem in großen Städten mit hohem Verkehrsaufkommen das Klima verbessert.

  • Artenvielfalt bewahren

Die Stadt bietet Tieren nur noch wenig Schutzräume und verdrängt immer mehr natürlichen Lebensraum. Grüne Fassaden wären eine Möglichkeit, üppigerer und artenreicherer Vegetation wieder mehr Raum zu geben.

  • Das Wohlbefinden steigern

Vertikale Gärten sind nicht nur dekorativ, sie sorgen auch für mehr Lebensqualität. Denn Pflanzen können Stress reduzieren, wirken beruhigend und sollen sogar das Immunsystem stärken.

Die Stadt der Zukunft ist grün

Angesichts der wachsenden Bevölkerung ist ein urbanes Ökosystem eine natürliche Lösung, um Klimawandel, Luftverschmutzung und dem Verlust der biologischen Artenvielfalt entgegenzuwirken. Vertikale Gärten können die Luftqualität in den Städten verbessern, den Lärm reduzieren und die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohner steigern. Ganz nebenbei sorgen lebende Wände auch noch für erhebliche Energieeinsparungen. Noch stehen lebende Wandsysteme am Anfang und sind oftmals mit hohen Kosten verbunden. Die Forschung zeigt jedoch jetzt schon, dass vertikale Gärten in Zukunft eine Win-Win-Situation für Architektur und Natur sind.

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