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Trendforscherin Barbara Busse im Interview

Generation Z und ihre Möbel

Sie macht vieles anders als alle vor ihr: Die Generation Z ist seit der Kindheit digital unterwegs, kauft spontan und möchte so individuell wie möglich leben. Damit mischen die jungen Konsumenten der Jahrgänge 1997-2012 auch die Wirtschaft ganz schön auf.

Durch den Wunsch nach Individualisierung wird vieles selbst gestaltet und werden Produkte kleinteiliger. Marken sind kurzlebiger und unbekannte Start-ups steigen schnell zu Stars auf. Für tradierte Unternehmen, die sich nicht den veränderten Markengegebenheiten anpassen, kann das eine düstere Zukunft bedeuten. Wie diese aussehen könnte und was Unternehmen tun können, um die Generation Z für sich zu begeistern, verrät Trendexpertin Barbara Busse von Future + You.

Trendforscherin Barbara Busse im Gespräch

Trendforscherin Barbara Busse. Foto: Future+You

Im Zuge Ihrer Forschung haben Sie die Generation Z und die Young Millennials unter die Lupe genommen. Was hat es mit dieser Generation auf sich?

Die Generation Z ist eine Generation, die sehr geburtenstark ist und in zwei Jahren 40% der gesamten globalen Konsumenten ausmacht. Mit den Young Millennials zusammen sind sie die ersten Digital Natives. Sie sind mit Internet rund um die Uhr aufgewachsen und in einer Welt mit Musik und Video on demand zuhause. Dadurch haben sie eine andere Erwartungshaltung an Dinge und Produkte.

Wird diese Erwartungshaltung das Wohnen dieser Generation beeinflussen?

Ja, definitiv. Diese Generation steht kurz davor, sich einzurichten. Das macht sie besonders interessant. Sie wachsen aus ihren Jugendzimmern raus, hin zum eigenen Wohnen und Leben. Und dieses unterscheidet sich deutlich von dem, wie wir es heute kennen. Sie legen einen besonderen Wert auf Individualität, auf Bestellkomfort und ganz, ganz kurze Lieferzeiten. Da will keiner sechs Wochen auf sein Sofa warten. Und sie sind sehr sensibel, was bestimmte Themen anbetrifft.

„Eine Marke muss nur für den Moment funktionieren.“

Barbara Busse

In Bezug auf Dinge wie Nachhaltigkeit?

Ja, sie sind eine sehr nachhaltig denkende Generation, weil sie mit den Folgen des Klimawandels direkt konfrontiert sind. Dabei wollen sie aber auch nicht verzichten. Stattdessen erwarten sie von den Herstellern, dass diese Verantwortung übernehmen. So wie man bestimmte Health-and Safety-Regulations einhält, gehört für sie Nachhaltigkeit standardmäßig mit dazu. Wer diesen Weg nicht gehen will, wird nicht akzeptiert.

Bei der jüngeren Generation ist die Markenbindung niedrig. Vielen fällt es schon schwer, einen Mobilfunkvertrag über 2 Jahre abzuschließen.

Die klassische Konsumentenerwartung an Marken war früher Vertrauen, einfaches Leben und Nachhaltigkeit. Heute sind es Innovation, Coolness und Nachhaltigkeit. Wer auch immer dem Konsumenten Innovation und Coolness bietet, der ist für den Moment „die Marke“. Loyalität und Bindung wird es nicht mehr geben. Experience wird wichtiger sein als ein Heritage Footprint, den sich manche Marken aufbauen. Sie muss nur für den Moment funktionieren.

Haben Marken aus anderen Bereichen eine höhere Glaubwürdigkeit als tradierte Möbelmarken?

Früher gab es 80 % Loyalität gegenüber Regierungseinrichtungen und Unternehmen. Das ist jetzt auf 20 % eingebrochen, die Verhältnisse haben sich also umgekehrt. Gerade auch gegenüber großen Firmen. Junge Menschen unterstützen ihresgleichen. Es hat sich eine Art Peer-Economy herausgebildet. Nach dem Motto „Helden wie ich“ oder wie bei DSDS können auch Start-ups schnell einen Superheldenstatus erlangen. Junge Unternehmer werden viel schneller zur Werbe-Ikone. Es gilt als cool, ein Start-up zu haben. Underdogs werden gefördert – es ist schon fast uncool, bei einem großen Unternehmen zu kaufen.

Mit dem Trend zum Verkauf von Selbstgemachtem und dem Weiterverkauf von Produkten – etwa über PayPal – baut sich ein Netzwerk mit eigener Wertschöpfungskette auf. Teilweise entsteht sogar eine eigene Währung. Kann man da von einer Parallelwelt sprechen? --

Ja, durchaus. Es ist eine Parallelwelt, und das ist in der digitalen Produktion auch nicht mehr problematisch. Auch die Produktionsstraßen werden flexibler. In L.A. gibt es einen Stoffhersteller, der alle 30 cm ein neues Muster weben kann, weil das Ganze computergesteuert läuft. Deren Geschäftsmodell beruht darauf, dass sie nicht mehr 2 km Rot und dann 3 km Blau weben müssen. Die Produktion on demand und Losgröße 1, das ist die Zukunft.

Aber auch etablierte Hersteller wie beispielsweise Sophisticated Living gehen mit komplett individuell gefertigten Möbeln bereits diesen Weg …

Aber man ist immer noch von diesen Unternehmen abhängig, weil man bei ihnen bestellen muss. Das ist eben nicht dieses netzwerkbasierte Ding, wo man sich selbst etwas überlegt, selbst etwas gestaltet und dann auf Plattformen wie Instagram präsentiert – und wem das gefällt, der kann das mit nur einem Klick bestellen. Hier tut sich gerade eine völlig Bild- und Follower-getriebene Ökonomie auf.

„Für die kleinen Labels wird es einfacher sein, sich anzupassen.“

Barbara Busse

Also nach dem Prinzip: Ich mache etwas für mich, und wem das gefällt, der kann sich das bei mir bestellen.

Genau. Ein wichtiger Trend hierbei ist „Premiumisation“. Da macht jemand eine ganz bestimmte Sache, und die macht er besonders gut, sodass es auch für andere attraktiv wird. Ein weiterer Trend ist „Limited Access“ – also eine Limited Edition, die dann auch sehr schnell weg ist, von der die Community weiß, dass es sie nur für ganz kurze Zeit geben wird. Das Trendstichwort hierfür ist auch „Fear of Missing Out“, kurz: FOMO. Wenn ich weiß, dass es von einer Sache nur sieben Stück gibt und ich nur jetzt die Gelegenheit habe, sie zu kaufen, dann brennen einigen die Sicherungen durch. Das wird dann gekauft. Diese Kaufmöglichkeit verpasst zu haben, ist für diese Leute dann das Schlimmste, was es gibt.

Die Zeit, in der wir unser Lieblingssofa 20 Jahre besessen haben, ist also vorbei?

Vermutlich werden einige Leute ihr Lieblingssofa auch lange behalten. Wer sich aber jetzt einrichtet, ist offen für Neues. So gestalten wir zum Beispiel künftig unsere Möbel mit. Ein Beispiel ist Tylko, der es als Regalhersteller über eine App ermöglicht, dass der Kunde mit einer AR-Funktion per Fingerswipe das Regal seinem eigenen Raum anpassen kann. Beim Thema Co-Creation kommt noch hinzu: Es bereitet Freude und macht stolz, etwas mitzugestalten. Das ist auch ganz wichtig für die Generation Z. Bei den älteren Millennials gibt es auch sehr kreative Menschen, aber Co-Creation als Selbstverständlichkeit zu nehmen ist für die Generation Z und die Young Millennials wirklich absolut.

Möbel-Hacking – das bedeutet Individualisierung und selbst entworfene Produkte. Das geht doch in diese Richtung?

Möbel-Hacking, also der Trend, Standardprodukte durch die eigene Kreativität und gestützt durch Technologie zu verbessern und daraus etwas eigenes zu machen, hat einen großen Reiz. Und alles, was einen großen Reiz hat, wird sich durchsetzen. Wir müssen einfach wegkommen von der Denke, dass Möbel von einigen großen Herstellern produziert werden. Es wird sich sehr stark fragmentieren. Da wird es wahrscheinlich sogar für die kleinen Labels einfacher sein, sich anzupassen.

Young Millennials & Generation Z

Mit diesen Begriffen sind Gesellschaftsgruppen gemeint, die aufgrund ihres Alters eine unterschiedliche Sozialisation in Bezug auf die explosionsartige Digitalisierung unserer Umwelt erfahren haben. So wird die erste „Generation“ der sogenannten Digital Natives als „Generation Y“ bezeichnet – in Nachfolge der bis ca. 1980 geborenen Generation X und in Anspielung auf ihren Hang zum Hinterfragen. Ein anderer Begriff für diese Generation ist auch „Millennials“ (deutsch: „Jahrtausender“), wobei zwischen „old“ und „young Millennials“ (geboren nach 1989) unterschieden wird. Die Unterscheidung wird vor allem in den USA getroffen und bezieht sich darauf, ob der Zeitpunkt des Erwachsenwerdens vor oder nach der Erfahrung der Finanzkrise und dem Vormarsch des Smartphones liegt.

„Generation Z“ hingegen bezeichnet die zweite Generation der Digital Natives (je nach Quelle zwischen 1995 und 2010 oder zwischen 2000 und 2015 geboren), deren Mitglieder oft schon im Kleinkindalter mit Smartphone und Touchscreen in Berührung gekommen sind. Die Generation Z erlebt daher den Umgang mit den allgegenwärtigen digitalen Medien und Tools als völlig selbstverständlich und intuitiv, mit fließenden Grenzen zwischen realer und virtueller Welt.

Über Barbara Busse

Barbara Busse hat in Köln Design studiert und 2005 ihr Diplom mit Schwerpunkt Produktdesign gemacht. Vor ihrer Tätigkeit bei der Telekom im Designbereich arbeitete sie in London, Südamerika, Australien und München. Heute hat sie die Designagentur „Future + You“, die sich Schwerpunktmäßig mit Trend- und Zukunftsforschung beschäftigt.

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