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Bauhaus-Architektur im Bergischen Land

Es ist ein idyllisches Plätzchen in der Nähe von Köln, am westlichen Rand des Bergischen Landes; geprägt durch Wälder und Felder und seine für die Gegend typischen Streusiedlungen. Eine dieser Siedlungen ist Erberich mit ihren 850 Einwohnern. Klein, beschaulich, verschlafen. Eigentlich. Denn Erberich hat eine architektonische Besonderheit zu bieten.

Das Fleckhaus in Erberich

Das Fleckhaus. Eine architektonische Besonderheit in Erberich. Foto: far.consulting, Koelnmesse

In ganz Deutschland stehen vier Häuser des berühmten Schweizer Bauhaus-Architekten Max Bill. Und gleich zwei davon stehen in Erberich. Darunter auch das Fleckhaus, das wohl berühmteste dieser vier Bauten. Willy Fleckhaus, Deutschlands erster Art-Director, hat es 1960 gemeinsam mit Max Bill erbaut. In der Nachbarschaft wird es wegen seiner rechteckigen Form liebevoll „Schuhkarton“ genannt.

Die beiden Familienhäuser entstanden in den Jahren 1960/61 und zeigen in Bills Architektur erstmals Anzeichen einer Dialektik zwischen gefasster und ungefasster Form. Beide Häuser liegen direkt nebeneinander und sind durch ihre einheitliche Formensprache – raue Backsteine, weiß gestrichene Fensterrahmen und sichtbar belassene Betondecken – ein unverkennbares Ensemble. Die Art und Weise, wie diese Mittel eingesetzt wurden, ist jedoch grundverschieden.

Ein architektonischer Dialog

Das Fleckhaus verfügt über ein weit ausgedehnteres Erdgeschoss. Das darüber liegende Geschoss wurde auf drei Seiten beträchtlich zurückgesetzt. Die überdeckten Loggien im Erdgeschoss sind also nicht die Folge einer Reduzierung, sondern eines freien Zusammenspiels von Deckenplatten und vor- und zurückspringenden Wandscheiben. Das Nachbarhaus hingegen stellt einen klar definierten, zweigeschossigen Kubus dar. Durch die Loggia im Erdgeschoss ruht das Obergeschoss dort bloß auf einer Stahlstütze mit minimalem Querschnitt. Verstärkt wird dieser Effekt durch ein zur Loggia hin orientiertes Fenstern, dessen Scheiben an der Ecke ohne Rahmen direkt zusammenstoßen.

Fleckhaus: weit ausgedehntes Erdgeschoss

Das Fleckhaus: weit ausgedehntes Erdgeschoss. Foto: far.consulting, Koelnmesse

Somit bilden die beiden Bauten ein konzeptuelles Paar. Nicht nur, weil sie mit den gleichen Mitteln in unmittelbarer Nachbarschaft gebaut worden sind, sondern auch, weil sich ihre unterschiedliche Gestaltung als Dialog aus Rede und Widerrede auffassen lässt.

Der Architekt der Bauten, Max Bill, war schon als Jugendlicher von Le Corbusier und Konstantin Stepanowitsch Melnikow fasziniert und studierte am Bauhaus in Dessau, wo er unter anderem Paul Klee, Wassily Kandinsky und Josef Albers kennenlernte. Die Grundlagen Bills Architektur basierten auf dem Zusammenspiel mediterraner Architektursprache und dem Einsatz neuer technischer Baumethoden der 1920er Jahre. Um den Bauvorgang zu vereinfachen, verwendete er vorzugsweise vorgefertigte und standardisierte Bauelemente, was zwar zu einer Ästhetik des Nützlichen führte, aber allgemein als anspruchslos angesehen wurde.

Reger Betrieb im Fleckhaus

Der damalige Hausbesitzer und Mitbauer Willy Fleckhaus zählte in den 60er bis 80er Jahren zu den bedeutendsten deutschen Grafik-Designern. Er war Journalist, Buchgestalter und Zeitschriftenmacher und lehrte als Professor für visuelle Kommunikation in Essen und Wuppertal. Vor allem aber gilt er als erster Art Director Deutschlands. Seine Arbeit war gekennzeichnet durch eine Mischung aus rationeller Grafik und amerikanisch beeinflusstem Editorial Design, mit nachvollziehbaren Strukturen und einer sinnstiftenden Organisation. Zu seinen bekannten Entwürfen gehören das »Q« für die Zeitschrift Quick, das alte WDR-Logo oder das Signet der Aktion „Ein Herz für Kinder“. Von 1956 bis 1976 war er als Grafiker für die Photokina in Köln tätig, für die er den Katalog konzipierte und das Ausstellungsdesign entwarf. 1956 gründet er sein wichtigstes Projekt, die Lifestylezeitschrift „twen“, dessen Art Director er war.

Reger Betrieb herrschte meist im Fleckhaus. Früher fanden hier Redaktionssitzungen statt, nächtelang saßen Redaktionsleiter, Fotografen, Grafiker und Journalisten mit dem mächtigen Art Director zusammen und feilten der nächsten Ausgabe von „twen“. Später dann, zu Zeiten von Tochter Nelly, wurde das Fleckhaus ein Art Kulturzentrum inmitten der bergischen Provinz. Manchmal kam es sogar vor, dass wildfremde Besucher aus München oder Mailand unverhofft klingeln und nach einer kurzen Privatführung fragten. Und an jedem ersten Donnerstag im Monat gab es ein Jour-Fixe mit Pot-Luck und Gedankenaustausch. Auch Musiker, Sänger und andere Künstler waren immer herzlich willkommen. Der 2.500 m2 Garten und ein Privatwald von 13.000 m2 dienten als Ausstellungsfläche. Mittlerweile wird das Haus nicht mehr von der Familie bewohnt.

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