Das Haus 2019 – Interiors on Stage
Das Haus – Interiors on Stage geht in die achte Runde
Truly Truly haben ein Wohnkonzept entwickelt, das flexibel genug ist, die sich verändernden Lebensrhythmen aufzunehmen und seinen Bewohnern Räume für unterschiedliche Stimmungen anzubieten. ,Das Haus‘ 2019 macht die Wohnung zu einem inspirierenden Ort ist für ein bewusstes Erleben von Individualität und Gemeinschaft – jenseits von Hektik und Routine. Aus wenigen Elementen und Farben zusammengesteckt und anschließend textil umspannt, lockt ,Das Haus‘ auf der imm cologne 2019 die Besucher mit Einblicken durch seine partiell geöffnete, weiche Hülle.
Der Entwurf des Rotterdamer Designstudios Truly Truly strahlt wie eine Laterne mit ausgeschnittenen Fenstern. Man sieht ihrem Haus mit seiner kunstvollen Außenhaut, seinen sorgfältig ausgesuchten Farben und Strukturen die grafische Sichtweise an. Es ist modern, delikat, stilvoll – von außen geheimnisvoll hinter camouflage-artig gemusterten Textilvorhängen verborgen, von innen ein großzügiges Juwel voller Rätsel: Was etwa versteckt sich hinter dieser Pflanzenwand? Wo ist hier eigentlich die Sitzecke (es gibt mehrere)? Ist das die Küche? Und warum sehen die Küchenblöcke so massiv aus wie gebaut (die schönen Lavastein-Fliesen verleihen ihr Gewicht)? Ist das ein Esstisch oder ein Arbeitstisch (er ist beides)? Intime Bereiche wechseln sich mit offenen ab, überall eröffnen sich spannende Blickachsen. Die Räume gehen ineinander über, ihre Funktion wird vom Mobiliar eher angedeutet als vorgegeben. Die Haptik vieler Materialien und Textilien vermittelt Wärme. Auch die Farben sind emotional motiviert. Nur das Bad und das Schlafzimmer erscheinen leicht separiert. Es gibt keinen Innenhof, keinen Garten, nur Räume, die den Besucher in ihrer Stimmung abholen und sie einladen, über die Funktionen des Wohnens nachzudenken.
Zentrum des Wohnens ist für Truly Truly die aus poliertem Edelstahl und glänzenden Fliesen gestaltete Küche, deren ungewohnte Formen in neu organisierten, teils auch separierten Arbeitsabläufen zum Waschen, Vorbereiten, Kochen und Servieren einladen. (Kühl-)Schränke verschwinden in einem Wandblock. Eine mehrere Sitzebenen bildende Bank leitet in eine Ruhe-Ecke über, und auch der Spülen-Block ragt weit in den Raum hinein. Den Australiern schwebt anscheinend weniger eine Einbauküche vor als eine formal zersprengte Küche. Ruhezonen, Rückzugsbereiche und teils einsame, teils gruppierte Sitzgelegenheiten wechseln sich mit viel Freiraum und Raumtrennern ab, die nur auf den ersten Blick zufällig hineingestreut wirken. Kunstobjekte und Textilien, Teppiche und Leuchten komplettieren ,Das Haus‘ zu einem wohl durchdachten Gesamtkunstwerk.
Es sind auch nicht die Funktionen, die einen Raum charakterisieren, sondern die Stimmungen. Die Räume kreieren einen bestimmten ,Mood‘, eine Stimmung, damit die Bewohner in ihrer Wohnung immer den richtigen Ort für das finden, was sie gerade tun wollen – ihrer Stimmung und ihrem Lebensrhythmus entsprechend. Auch wenn sich die Rhythmen der Menschen immer individueller gestalten, bleibt die Küche als Zentrum des Hauses der Ort, wo man zusammenkommt. Und da die Wohnung zum Gegenpol eines immer schneller werdenden Lebens wird, soll ,Das Haus‘ für Truly Truly ein Raum sein, an dem man wieder Geschwindigkeit aus dem Leben nehmen kann – ein Ort zum Runterschalten.
,Das Haus‘ von Truly Truly sucht Formen für eine neue Art des Wohnens, in der die Räume mehr Freiraum als Festlegung bedeuten. Räume und Mobiliar sind multifunktional – der große Esstisch mit wenigen Stühlen dient diversen Aktivitäten, an der Spülen-Bar könnte man auch einen Kaffee trinken, und auch die Polstermöbel geben nicht immer eine eindeutige Sitzrichtung vor. Nur die Bereiche, die der Entspannung und dem Rückzug dienen, erscheinen eindeutiger: der tief stehende Sessel, der hinter einer Pflanzenwand halb verborgene Tisch, der Schlafbereich. Es gibt vier Zonen: ,Reclusive‘ (zurückgezogen), ,Serene‘ (ruhig), ,Active‘ (aktiv), ,Reclining‘ (zurückgelehnt), die aber nicht durch Wände voneinander getrennt sind, sondern ineinander übergehen. So, wie sich Kate und Joel Booy das zeitgemäße Wohnen vorstellen: natürlich fließend, organisch. Wohnen, arbeiten, schlafen oder loungen – das Camouflage-Muster auf den Vorhängen ist ein Bild für ein organisches Wohnkonzept, in dem alles an jedem Platz möglich ist. Nichts ist eindeutig kodiert, es gibt Doppelbedeutungen, Querverweise, sinnliche Assoziationen. Wohnobjekte werden zu abstrakten Zeichen in einem Lückentext, den der Besucher zu füllen hat.